Galleria Gefängnis Le Carceri - mostre 2007
TESTO INTRODUTTIVO ALLA MOSTRA
Plus étrange que le paradis
Video, Foto, Graphik, Plastik von Sylvie Riant und Loïc Person
Etrange: «strange», «strano», in Deutsch fremd, seltsam oder unheimlich, im Sinne von „nicht daheim“. „Plus étrange que le paradis“ ist ein Zitat aus der Kinowelt („Stranger than Paradise“, Jim Jarmusch 1984). Der Titel der Ausstellung nimmt Bezug auf das Paradies und seine vielfältigen Assoziationen und steht somit teilweise im krassen Gegensatz zum Ausstellungsort.
Daheim – nicht daheim / drinnen – draußen – die archaische Erfahrung wirkt an diesem bestimmten Ort der Ausstellung wie selbständig und unvermeidbar. Das Gefängnis, als Ort der Unfreiheit ist ein geprägter Ort, dessen Charakter zum Teil die Tonalität der Ausstellung vorschreibt: Isolation, Träume, Regression, Verlust der inneren und äußeren Grenzen, also ein Ort „plus étrange que le paradis“.
Die figurativen Plastiken und Zeichnungen von Riant sowie die Objekte, Fotos und Videos bei Person spiegeln diese Thematik in einem stillen Dialog zueinander und zum Raum wider.
Im Eingangsbereich eine lebensgroße Wachsskulptur von Riant. Der mittlere Teil besteht aus Fäden und Spielzeugpuppen. Die Distanz zwischen Ober- und Unterteil ist exzessiv, als ob sich die Figur selbst beim Gebären beobachten würde.
Das Video „Ad Libitum“ von Loïc Person, realisiert in Zusammenarbeit mit dem Tänzer Yann des Brousses, metaphorisiert den Moment der ersten Trennung jedes Menschen: die Geburt. Das Leben im Uterus als Paradigma des Paradieses? Die Geburt als Moment des notwendigen Verlustes?
„Tricho“, eine Skulptur von Riant, benannt nach einem psychiatrischen Krankheitsbild: Menschen, die sich die Haare zwanghaft ausreißen, leiden unter Trichotillomanie. Die Ursache ist meistens ein affektiver Mangel. Ein „Patchworkkörper“, ein zerstreuter Körper aus Gussteilen verschiedener Modelle, wurde zusammengeflickt oder repariert.
Die Latexobjekte von Person sind Hüllen oder Häute mit einer äußeren und inneren Seite (also einer Interface). Geschlossene organische Formen, in deren Inneren sich visuelle bzw. haptische Welten abspielen und die an unsere Raumwahrnehmung appellieren.