Galerie Gefängnis Le Carceri - Ausstellungen 2008
TEXT ZUR AUSSTELLUNG
Auf Reisen zu Hause
Graphik, Fotografie von Alexandra von Hellberg und Willy Puchner
Alexandra von Hellberg und Willy Puchner entführen den Besucher dieser Ausstellung in ferne Länder, Länder die sie selbst bereist, erlebt und geprägt haben.
„In Indien habe ich die Energie des Göttlichen sehr stark erlebt, die absolute Hingabe der Menschen an ihre Götter. Millionen an gedruckten, heiligen Bildern zieren die Straßen und Häuser. Überall sind sie gegenwärtig, beim täglichen Besuch des Tempels oder im Bewusstsein ihres alltäglichen Lebens. Die Götter sind bunt, gütig, freundlich und großzügig. Die Figuren und Statuen in den Tempeln oder an den Straßenecken wirken hingegen anders, wie kleine Geister oder Erdwesen scheinen sie aus der Erde oder den Steinen hervor zu wachsen. Sie schauen aus, als wären sie gerade aus Lehm entstanden und warten nur noch darauf, zum Leben erweckt zu werden. Von unzähligen Menschen verehrt, mit Pflanzen und roter Farbe bedeckt, wirken sie fast lebendig. Wenn man sie angreift, tragen sie Leben in sich, aufgeladen von unzähligen Berührungen und Gebeten. Diese Impression über Indien hab ich hier versucht nachzustellen, die Wand im Erdgeschoss eignete sich dafür besonders, um dieses Gefühl des Lebendigen im scheinbar Leblosen sichtbar und erlebbar zu machen.
In den anderen Stockwerken sind meine neuesten Werke ausgestellt, die ich extra für diese Ausstellung konzipiert habe. Eine Serie an „Boxes“, ein wenig im Stile meiner früheren Arbeiten, die Themen haben sich allerdings geändert. Bei den Collagen mit Wachs auf Holzplatten verwende ich Versatzstücke aus dem Buddhismus, der Bön-Religion und dem Hinduismus. Es geht darum, im Betrachter eine Brücke zum Göttlichen, zu den anderen Dimensionen, die genauso real wie unsere greifbare Welt sind, zu schlagen. Man muss nur hinter den Schleier blicken und man entdeckt eine Welt voll Magie, Farbe und unglaublichem Reichtum. Das möchte ich mit meinen Werken vermitteln.“
(Alexandra von Hellberg)
Willy Puchner ist ein Buchhalter der Fantasie. Obwohl er in vielen Ländern, auf allen Kontinenten unterwegs war, weiß er nur zu gut, dass die wahren Reisen im Kopf stattfinden - in der Vorfreude und in der Erinnerung. So schafft er sich in den Materialbüchern seine ganz eigene Welt. Sie sind, wie er sagt, seine „Wohnung auf Reisen“. „In meinen Materialbüchern und Reisenotizen wird die Welt zu einer Sammlung persönlicher Fundstücke, eine Art Patchwork, das sich in Texten, Zitaten und Bildern darstellt.“ Akribisch notiert Puchner, was ihm angesichts des Fremden auffällt, er zeichnet, malt, fotografiert und collagiert, sieht jeden Ort neu, mit den staunenden Augen eines Kindes. Und wir, die Betrachter, folgen ihm auf seinen Reisen rund um die Welt: nach Indien und New York, nach Japan und Venedig, ans Meer und in die Wüste. Seine fantastisch-bunten Bilder aus Pflanzen-, Tieren- und Menschenbildern, aus Fundstücken oder selbst gestalteten Briefmarken, aus Fetzen von Poesie und akribisch notierten Informationen lassen die Zeit wieder auferstehen, als wir noch zu staunen wussten und uns täglich alles neu erschien. Willy Puchner zeigt uns einen Weg aus der Trostlosigkeit des durchorganisierten, berechenbaren Reisens. Seine Materialbücher sind mehr als ungewöhnliche Reiseführer: Es sind subtile kleine Kunstwerke, deren Betrachtung zu keinem Ende kommt. Ausgestellt werden Faksimile-Drucke, die in begrenzter Auflage gedruckt wurden.